Röntgentechnologie vom Feinsten: Stillleben kann jeder, haben sich unsere Experten gedacht und stellen sich nunmehr der Herausforderung Röntgenaufnahmen während der laufenden Bewegung zu erforschen. Definitiv eine Kunst für sich.
Die dreidimensionale Bewegung eines Gelenkes ist das Resultat eines sehr komplexen Zusammenspiels aus physikalischen Gesetzmäßigkeiten (Schwerkraft, Beschleunigung, Trägheit), aktiver Muskelkraft und passiven Regulatoren (Gelenkflächen, Bänder, Menisken). Die für das einzelne Gelenk spezifische Kombination aus diesen Kräften ist bisher unbekannt. Mathematische Modelle versuchen auf der Basis anatomischer Studien eine möglichst realistische Abschätzung der am Gelenk einwirkenden Kräfte zu errechnen, ein reales Abbild können sie jedoch nicht bieten.
Agile Methodik gefragt
Die herkömmliche Bewegungsanalyse basiert auf der Erfassung von Oberflächenmarkierungen. Dabei werden Marker auf die Haut des Probanden aufgeklebt, in der Annahme, dass die Marker die Position darunter liegender Knochenvorsprünge repräsentieren. Mit Hilfe moderner Videotechnik können die Marker in der Bewegung gefilmt werden. Aufbauend auf dem Bewegungsmuster der Marker wird die Bewegung der darunter liegenden Knochen berechnet. Als fester Bestandteil klinischer Ganganalyse sind solche Systeme einfach und nicht-invasiv anwendbar.
Allerdings kommt es in der Bewegung zu einer Verschiebung der Haut über dem Knochen. Dies resultiert in einem Messfehler, da der an der Hautoberfläche angebrachte Marker nicht mehr über dem eigentlich zu messenden Knochenvorsprung zu liegen kommt. Solche Verschiebungsfehler können eine Größenordnung von mehreren Zentimetern erreichen und sind bei schnellerer Gangart bzw. dem Auftreten oder Abstoßen besonders ausgeprägt. Prinzipiell ist es möglich, Bewegungsartefakte rechnerisch zu kompensieren, dennoch bleibt die Messungenauigkeit im Bereich der Abduktion und Adduktion, sowie der Endo- und Exorotation erheblich.
Abhilfe schafft die Biplanare Hochfrequenz-Fluoreszenz-Kinematographie (FluoKin). Die Durchleuchtung des betroffenen Gelenkes mit Röntgenstrahlen ermöglicht die direkte Abbildung des Skelettsystems auf nicht-invasive Art und Weise und erlaubt eine Messgenauigkeit von <1 mm und <1°. Die Strahlendosen, dem der Proband bei den Messungen ausgesetzt ist, ist so gering, dass kein Gesundheitsrisiko besteht.
„LAUFENDE“ PROJEKTE
Die Anwendungsmöglichkeiten der FluoKin-Anlage sind enorm vielfältig: Ob Ratte, Ameisenbär, Pony – oder Mensch, bislang nahezu unerforschte Einblicke in die Funktionalität der Lokomotion sind möglich.
Kinematik beim Pferd
FluoKin-Untersuchungen mit Fokus auf die obere und untere Halswirbelsäule ermöglichen erstmalig genaueste Beschreibung der physiologischen Bewegung dieser Wirbelsäulenabschnitte beim Pferd.
Mitwirkende
- Lisa Borchard
- Franziska Wagner
- Jenny Hagen
- Nadine Blum (Tierklinik Lüsche)
Die Gliedmaßenkinematik mit Fokus auf den proximalen Bereich wird erstmalig beim Pferd in vivo mit FluoKin untersucht und mit optoelektronischen Aufnahmen abgeglichen.
Mitwirkende
- Franz Wilhelm Bauer (Institut für Zoologie und Evolutionsforschung, Uni Jena)
- Franziska Wagner
- Christoph Mülling
- Martin Fischer (Institut für Zoologie und Evolutionsforschung, Uni Jena)
Ex vivo und in vivo Messungen der metakarpalen Dehnung der OBS im gesunden, verletzten und heilendem Zustand.
Poster zum Projekt
2 MB
Mitwirkende
- Franziska Wagner
- Jovana Kuhlmann
- Jenny Hagen
- Christoph Mülling
- Peter Böttcher (Klinik für Kleine Haustiere, Fachbereich Veterinärmedizin, FU Berlin)
Erforschung der in vivo 3D-Kinematik von Pferden beim Kauen unterschiedlichen Futters.
Mitwirkende
- Ellen Schulz-Kornas (Max-Planck Institut für Evolutionäre Anthropologie, Leipzig)
- Franziska Wagner
- Peter Böttcher (Klinik für Kleine Haustiere, Fachbereich Veterinärmedizin, FU Berlin)
In vivo - Untersuchung des Einflusses von orthopädischen Beschlägen und unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten auf die Zehenkinematik.
Mitwirkende
- Sandra Geiger (Institut für Topographische Anatomie, Vetmed Uni Wien)
- Sabrina Thomeczeck
- Jenny Hagen
- Christoph Mülling
Kinematik beim Rind
Die 3D-Kinematik der distalen Rindergliedmaße wird in einer in vivo und ex vivo Studie untersucht, um eine wissenschaftliche Grundlage zur Optimierung von Bodenbelägen und Klauenpflegemaßnahmen zu schaffen.
Mitwirkende
- Monique Weiß (Tierärztin)
- Sandra Geiger (Institut für Topographische Anatomie, Vetmed Uni Wien)
- Enrico Reich (Informatiker)
- Sarah Grund
- Christoph Mülling
Kinematik beim Hund
Die Kinematik des Kniegelenkes nach TPLO (tibia plateau leveling osteotomy) oder TTA (tibial tuberosity advancement) in Hunden mit Kreuzbandpathologie wird erstmalig in vivo erforscht.
Mitwirkende
- Janna Rey (Klinik für Kleintiere, VMF, Uni Leipzig)
- Peter Böttcher (Klinik für Kleine Haustiere, Fachbereich Veterinärmedizin, FU Berlin)
Die 3D-Bewegung und Kinematik des radio-ulnar und humero-radial Gelenkes bei Hunden wird gemessen.
Mitwirkende
- Thomas Rohwedder (Klinik für Kleine Haustiere, Fachbereich Veterinärmedizin, FU Berlin)
- Peter Böttcher (Klinik für Kleine Haustiere, Fachbereich Veterinärmedizin, FU Berlin)
Kinematik bei Zoo- und Wildtieren
Ameisenbären sind exzellente Kletterer, verfügen aber ebenso über morphologische Anpassungen an das Graben. Mittels FluoKin werden die 3D-Bewegungen von Schulterblatt, Oberarmknochen, Elle und Speiche dargestellt und quantifiziert.
Poster zum Projekt
10 MB
Mitwirkende
- Adrian Scheidt (Fakultät für Biologie, Humboldt-Universität Berlin)
- Franziska Wagner
- Sandra Geiger (Institut für Topographische Anatomie, Vetmed Uni Wien)
- Christoph Mülling
- John Nyakatura (Fakultät für Biologie, Humboldt-Universität Berlin)
Entwickelte Techniken
Bestimmung von Kennwerten zur Präzision der FluoKin-Messtechnik ex vivo und in vivo in statischen und dynamischen Aufnahmen.
Mitwirkende
- Franziska Wagner
- Christoph Mülling
- Peter Böttcher (Klinik für Kleine Haustiere, Fachbereich Veterinärmedizin, FU Berlin)
Biomechanische Messungen, die auf rechentechnische 3D- Rekonstruktionen originärer Bewegungen basieren, sind von präzisen und reproduzierbaren Einbettung von Knochenkoordinatensystemen abhängig. Daher etablieren wir diese auf Grundlage mathematischer Prinzipien mit eindeutiger Zuordnung anstatt manuell anatomische Landmarken auszuwählen.
Mitwirkende
- Sandra Geiger (Institut für Topographische Anatomie, Vetmed Uni Wien)
- Christoph Mülling
Exaktheit verschiedener nicht-invasiver Trackingmethoden an der equinen distalen Gliedmaße.
Mitwirkende
- Sandra Geiger (Institut für Topographische Anatomie, Vetmed Uni Wien)
- Peter Böttcher (Klinik für Kleine Haustiere, Fachbereich Veterinärmedizin, FU Berlin)